Flugtagunglück von Ramstein

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28.08.1988
Zusätzliche Information

Das Flugtagunglück von Ramstein am 28. August 1988 war eine Flugzeugkatastrophe während einer militärischen Flugschau auf der Ramstein Air Base, die 70 Todesopfer und etwa 1000 Verletzte forderte. Ausgelöst durch die Kollision mehrerer Kunstflugmaschinen stürzten drei der Flugzeuge ab, eines davon direkt vor den Zuschauern. Es schlitterte brennend weiter ins Publikum. Das Ereignis gehört zu den folgenschwersten Katastrophen dieser Art und hatte weitreichende Konsequenzen für die Organisation des Notfallrettungswesens, die Opfer- und Helfernachsorge sowie die Durchführung von Flugschauen in Deutschland.

Das Unglück

Während des Flugtags Ramstein 1988 auf dem US-Fliegerhorst im rheinland-pfälzischen Ramstein-Miesenbach bei Kaiserslautern – der Ramstein Air Base – prallten kurz vor Ende der Veranstaltung beim Auftritt der italienischen Kunstflugstaffel Frecce Tricolori drei Militärflugzeuge während einer komplexen Flugfigur in ca. 50 m Flughöhe und rund 300 m vor den Zuschauern zusammen. Ein brennendes Flugzeug stürzte in die Zuschauermenge.

Zeitablauf

Schon in den frühen Morgenstunden reisten Tausende von Flugtagbesuchern an. Die Gesamtzahl der Besucher zum Zeitpunkt des Unglücks wird auf 350.000 geschätzt.

15:40: Beginn der Flugvorführung der Frecce Tricolori

15:44: Beim Finale der Flugvorführung der Frecce Tricolori und gleichzeitig der letzten Flugfigur des Tages, dem durchstoßenen Herz, kollidieren drei der beteiligten zehn Flugzeuge. Eines davon stürzt direkt vor der Zuschauermenge zu Boden.

15:46: Beginn der Löscharbeiten

15:48: Das erste US-amerikanische Rettungsfahrzeug trifft am Unglücksort ein

15:50: Offizielles Ende der Löscharbeiten

15:51–16:28: Innerhalb dieses Zeitraums treffen etwa 25 Rettungsfahrzeuge und acht Rettungshubschrauber (US, ADAC, SAR) an der Unglücksstelle ein.

16:35: Der Notarzt eines Rettungshubschraubers über Funk:

„Wir suchen ständig verbrannte Patienten, die uns von den US-Amerikanern aus der Hand gerissen werden und vollkommen unversorgt abtransportiert werden. Man hat uns gesagt, es wäre niemand mehr da.“

16:47: Zu diesem Zeitpunkt hatte die Rettungsleitstelle in Kaiserslautern keine Angaben über das Ausmaß des Unglücks, wie aus dem Funkverkehr ersichtlich ist:

„Ja, das ist das Problem. Wir wissen noch gar nicht, was da vorliegt, wie viele Verletzte und was da alles ist. Der Leitende Notarzt hat noch keine Rückmeldung gegeben. Er will sich erst ein Bild verschaffen.“

17:00: Etwa um diese Uhrzeit treffen am Unglücksort mehrere Notärzte mit Rettungshubschraubern ein. Diese dazu später:

„Bei dem Eintreffen etwa kurz nach 17:00 Uhr waren dort keine Verletzten mehr zu finden. Wir konnten sehen, dass die letzten Schwerverletzten in US-amerikanische Hubschrauber verladen wurden. Wir konnten noch einzelne Pritschenfahrzeuge sehen, auf denen Verletzte lagen, die abgefahren wurden. Nachdem es nicht gelang, einen Einsatzleiter bzw. einen Ansprechpartner zu finden […] haben wir uns auf eigene Initiative hin mit dem Rettungshubschrauber zum Johannis-Krankenhaus nach Landstuhl begeben. Auf mehrfaches Befragen verschiedener Einsatzkräfte, Sanitäter und Polizeibeamten konnte niemand einen Einsatzleiter nennen. Ich habe auch nach einem Leitenden Notarzt gefragt, um koordinierend in die Rettungsmaßnahme eingreifen zu können. Es gab keinen.“

18:05: Ein an den Rettungsmaßnahmen beteiligter Rettungshubschrauber landet am Landstuhl Regional Medical Center. Dazu der Notarzt später:

„Wir haben dort eine Vielzahl von schwerst verbrannten, schwer verletzten Patienten, die völlig unversorgt waren, vorgefunden. […] Als ich in Landstuhl landete, lagen Schwerstverbrannte unversorgt teilweise auf Bretterbohlen, und keinerlei Ärzte waren vor Ort. Nachdem ich eine Verletzte versorgt und der Krankenschwester, die mit uns geflogen war, zur Überwachung gegeben hatte, bin ich noch 10 Minuten auf dem Hubschrauberlandeplatz des Militärkrankenhauses umhergelaufen und habe mehrere Verletzte versorgt und zu keinem Zeitpunkt einen amerikanischen Kollegen getroffen.“

18:20: Abtransport der Leichen

18:30: Am Klinikum in Ludwigshafen kommt ein Bus mit Verletzten an. Ein Professor des Klinikums dazu später:

„In dem Bus befanden sich fünf Schwerstverletzte. Es war kein Arzt bei diesem Transport. Lediglich ein ortsunkundiger und des Deutschen nicht mächtiger Fahrer hatte offensichtlich eine Irrfahrt durch Ludwigshafen gemacht, bis er das Krankenhaus fand.“

Ursachen

Unglücksursache war, dass der Solopilot Ivo Nutarelli beim Kunstflugmanöver Durchstoßenes Herz mit seiner Maschine den Kreuzungspunkt der Flugfigur zu früh erreichte. Dadurch kollidierte die Solomaschine des Typs Aermacchi MB 339 hinten mit dem Führungsflugzeug der aus Sicht der Zuschauer von links kommenden Fünferformation. Zahlreiche Fotos und insbesondere Videoaufzeichnungen belegen außerdem, dass das Soloflugzeug kurz vor dem Zusammenprall mit dem Führungsflugzeug bereits die Kabine der linken Flügelmaschine mit dem hinteren rechten Leitwerk touchiert und dadurch komplett zerstört hatte. Dies erklärt auch den direkt einsetzenden parabelförmigen und augenscheinlich führungslosen Absturz der Flügelmaschine mit Aufprall noch vor dem Führungsflugzeug. Beide Maschinen der Fünferformation zerschellten jenseits des Zuschauerbereichs parallel zur Start- und Landebahn, während das abstürzende Soloflugzeug seine ursprüngliche Flugbahn in Richtung Publikum beibehielt und ca. 50 Meter vor der Absperrung des Zuschauerbereichs aufschlug, explodierte und in einer Wolke aus brennendem Kerosin und Wrackteilen noch weit in die dichtgedrängte Menge glitt. Die wenigen Sekunden, in denen sich die Katastrophe abspielte, ließen den Zuschauern keine Zeit zur Flucht. Die sieben verbliebenen, zum Teil beschädigten Maschinen der Frecce Tricolori sammelten sich über der Airbase und landeten anschließend auf der Sembach Air Base, da die Start- und Landebahn der Airbase Ramstein mit Wrackteilen übersät war.

Entscheidungen und Pannen

Das Flugschauunglück ging wegen angeblicher schwerwiegender Pannen in die Geschichte ein, welche jedoch teilweise durch den Bericht des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages negiert wurden.

So ließ das US-Militär teilweise die an den Zufahrten zum Stützpunkt aufgefahrenen Rettungskräfte nicht sofort auf den Flugplatz, zum anderen wurden weitere Rettungskräfte wie das THW gar nicht hinzugerufen, sondern mussten einsatzbereit auf ihrer Wache verbleiben.

Die damaligen Vorschriften des US-Militärs sahen es vor, Verletzte so schnell wie möglich in ein Krankenhaus zu transportieren und nicht, wie es in Deutschland in der Katastrophenmedizin üblich ist, Verletzte vor Ort zu sichten und zu versorgen. Mehrere Menschen starben oder erlitten bleibende Schäden aufgrund der mit dieser Vorgehensweise verbundenen fehlenden Erstversorgung.

Injektionsnadeln der deutschen Rettungskräfte passten nicht auf die Infusionen des US-Militärs und umgekehrt. Noch Stunden später irrten Personenbusse mit unterschiedlich schwer verletzten Personen z. B. durch Mannheim auf der Suche nach einer Klinik.

Das Flugtagunglück von Ramstein zeigte auch die Wichtigkeit der psychologischen Nachbetreuung der Opfer und Rettungskräfte; viele von ihnen waren später traumatisiert (posttraumatische Belastungsstörung), mehrere begingen Suizid.

Das Telefonnetz rund um den Unglücksort war überlastet und brach zusammen. Funkamateure, die bei der Flugschau vor Ort waren, gaben über mobile und portable Stationen Notrufe ab. Im weiteren Verlauf nahmen Funkamateure aus der gesamten Region den Notfunkverkehr auf und leiteten Nachrichten weiter, organisierten dringend benötigte Blutkonserven und überbrachten Angehörigen Nachrichten von Überlebenden.

Opfer

Dem Unglück fielen nach offiziellen Angaben 70 Menschen (67 Flugtagbesucher sowie die drei Piloten der beteiligten Flugzeuge) zum Opfer. Von Seiten des US-Militärs wurden keine Toten gemeldet. Diese Angabe wurde jedoch nach dem Unglück bezweifelt, da Augenzeugen auch von toten US-Soldaten berichteten. Es gab insgesamt etwa 1000 Verletzte. In Krankenhäusern mussten 450 Verletzte versorgt werden, die sich schon nach der ersten Nacht auf 46 Kliniken im gesamten Bundesgebiet und eine Spezialklinik in Frankreich verteilten.

Opfer und Hinterbliebene wurden für Verletzung oder Tod finanziell entschädigt. Allerdings wurden die Traumata der Opfer nie anerkannt. Ein diesbezüglich angestrengter Prozess auf Schmerzensgeld gegen die Bundesrepublik Deutschland scheiterte 2003 vor dem Landgericht Koblenz, da die Ansprüche zum Zeitpunkt der Klageerhebung 1998, also zehn Jahre nach dem Unglück, bereits verjährt waren.

Den Gedenkstein für das Unglück erkämpfte sich die Nachsorgegruppe nach sieben Jahren auf einem selbst gekauften Grundstück.

Folgen

Flugschauen

Mit der Meldung der Katastrophe in den Medien wurde weltweit eine noch nie dagewesene Diskussion über Sinn und Unsinn von Flugschauen sowie Sicherheitsstandards für künftige Veranstaltungen angestoßen. Der Vorfall führte zudem in der gesamten Welt des Kunstflugs zu einem radikalen Umdenken, was Risikobereitschaft und pures „Spektakel“ angeht.

Als Reaktion auf den Unfall wurden zunächst noch am 29. August Kunstflugvorführungen in Deutschland generell verboten. Erst drei Jahre später wurden sie mit folgenden Sicherheitsauflagen wieder erlaubt:

  • Es müssen eine Mindestflughöhe und ein Mindestabstand zum Publikum eingehalten werden.
  • Es dürfen keine Manöver mehr über oder in Richtung der Zuschauermenge durchgeführt werden.
  • Alle Manöver müssen vorher genehmigt werden (was aber auch schon 1988 in Ramstein der Fall war).
  • Besonders komplexe Verbandsauflösungen und sämtliche Begegnungsmanöver waren bis zur ILA 2012 verboten.
  • Erst im Jahr 2000 zur Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung Berlin flog das erste Mal wieder eine militärische Kunstflugstaffel mit Düsenflugzeugen – die Patrouille de France – in Deutschland.
  • Militärische Verbandskunstflugstaffeln mit Düsenflugzeugen waren bis Mai 2009 nur auf der ILA Berlin unter strengsten Sicherheitsauflagen zugelassen.
Medizintechnik

Die damals im deutschen Raum noch verbreiteten Infusionskanülen mit Rekordkonus wurden durch solche mit international genormtem Luer-Konus ersetzt, um in Zukunft die Kompatibilität zwischen deutschen und ausländischen Rettungsdiensten sicherzustellen.

Notfallnachsorge

Nach der Katastrophe wurde erstmals in der Bundesrepublik eine Nachsorgegruppe eingerichtet, in der Opfer und Hinterbliebene sowie Helfer (Polizei, Rettungskräfte und Sanitätspersonal) die Erlebnisse zu verarbeiten versuchten. Daher gilt das Ereignis als wesentlicher Impuls für die Entwicklung von Kriseninterventions- und Notfallseelsorge-Teams für Betroffene sowie von Konzepten zur Einsatznachsorge für Einsatzkräfte.

Das von den Initiatoren der Nachsorgegruppe, Hartmut Jatzko, Sybille Jatzko und Heiner Seidlitz, verfasste Buch Das durchstoßene Herz befasst sich mit der psychosozialen Nachsorge nach dem Unglück und gilt als Standardwerk zum Thema.

Vermutung einer Verschwörung

Vereinzelt wurde ein Zusammenhang des Unglücks mit dem bis heute nicht vollständig aufgeklärten Abschuss eines italienischen Verkehrsflugzeugs bei der italienischen Insel Ustica im Jahr 1980 vermutet (siehe: Itavia-Flug 870). Dies beruht darauf, dass zwei der drei in Ramstein gestorbenen Piloten eine wichtige Rolle in dem Ustica-Komplex spielten und eine Woche nach der Flugschau vor einem italienischen Untersuchungsausschuss hätten aussagen sollen. Zudem gab es bereits in den Jahren zuvor eine starke Häufung unnatürlicher Todesfälle unter Militärangehörigen im Umfeld des Ustica-Absturzes (siehe: Todesfälle im Umfeld des Absturzes in Itavia-Flug 870). Ein entsprechender Verdacht wurde von dem Luftverkehrsrechts-Experten Elmar Giemulla geäußert, der als Rechtsanwalt von Ramstein-Opfern auftrat. Laut Giemulla besteht der Verdacht, dass „die Toten und Verletzten von Ramstein Opfer einer Militär-Verschwörung wurden.“

Die Band Rammstein

Die deutsche Band Rammstein benannte sich nach dem Flugunglück. Durch einen Irrtum des Frontsängers Till Lindemann wurde aus Ramstein allerdings Rammstein.

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